Das eigene Wertempfinden von Grad an Exklusivität, die mir ein Mensch zugesteht, abhängig zu machen, macht mich selbst abhängig von der Wertzuschreibung, die mir dieser Mensch gnädigerweise zuteil werden lässt.
Da missinterpretierst du mich. Selbstverständlich habe ich eine eigene Wertigkeit, die ich mir hart erarbeitet habe und die auch niemand anderes mitbestimmt. Eine Wertigkeit, die nur ich allein mir zu- oder abschreiben kann.
Dennoch stellt Untreue oder wie auch immer zu benennender Sex mit vielen Partnern für mich eine Entwertung dar. Nicht dieser Wertigkeit, die nur ich selbst mir geben kann, die bleibt davon unberührt.
Vielmehr ist es so, dass ich mir genau die erhalten möchte, wenn ich nicht mit Partnern schlafe, für die ich beliebig austauschbar bin. Ich weiß, wer und was ich bin und was ich möchte und was mir gut tut. Und Sex mit Männern, die nicht treu sein können oder wollen gehört für mich nicht - mehr - dazu. Weil ich gelernt habe, wie ungut mir das tut.
Ich will ganz ehrlich sein: ich glaube, dass man sich gepflegt etwas vormacht, wenn man sagt, dass nichts und niemand und kein Verhalten eines anderen die eigene Wertigkeit nicht zumindest ankratzen kann. Niemand ist eine Insel. Wir sind wir selbst, aber wir sind eben auch immer ein Stück weit das, was wir von anderen zurückgespiegelt bekommen.
Natürlich sollte man im Laufe des Lebens lernen, sich selbst eine gewisse stabile Grundwertigkeit zuzugestehen, die von anderen kaum angetastet werden kann. Es wäre besorgniserregend, wenn man in der Hinsicht gar nicht dazulernt.
Dennoch: ich bin nicht unantastbar durch das, was andere mit mir tun und dadurch, wie andere mit mir umgehen. Deswegen halte ich mich von Menschen und Beziehungsarten fern, die ich als toxisch für mich empfinde. Und sexuelle Treue ist für mich eine absolute Grundvorraussetzung, zumindest für eine dauerhafte Partnerschaft. Ebenso eine Grundvorraussetzung wie Ehrlichkeit.
Letztlich ist es doch nur wichtig, dass zwei Menschen aufeinandertreffen, die einander gut tun, oder nicht? Wenn jemand selbst nicht sexuell treu leben möchte und er trifft auf jemand anderen, der das auch nicht möchte und diese beiden Menschen geben einander, was sie suchen und brauchen, dann bin ich die Letzte, die darüber ein wertendes Urteil fällt.
Ich sage nur: für mich käme so etwas nicht - mehr - in Frage. Ich kann das eben deswegen mit solcher Überzeugung sagen, weil ich es ausprobiert habe und zwar auf verschiedene Weise.
Ich habe mit jemandem sexuelle Erfahrungen geteilt, die mehr als ihn und mich einbezogen haben. Ich habe eine Weile in meiner Ehe offen gelebt und ich habe erfahren, wie es ist, zu betrügen und auch betrogen zu werden. Ich weiß, was diese Dinge mit mir gemacht haben und ich habe daraus eine Menge über mich gelernt.
Meine Wertigkeit mache ich mir selbst, in erster Linie. Soviel steht fest. Aber sie ist nicht unantastbar durch andere. Sie bleibt verletzlich. Und obwohl ich inzwischen weit über 40 bin, lasse ich mir den Traum von einer wirklich guten Partnerschaft nicht nehmen. Und die bezieht für mich Ehrlichkeit und sexuelle Treue unbedingt mit ein. Und sie bezieht auch Eifersucht mit ein. Ich hatte weiter oben ja schon einmal erklärt, warum ich das so sehe und vor allem, was für mich "gesunde Eifersucht" ist und was nicht mehr.
Ich möchte ausdrücklich nicht eifersuchtsfrei sein. Und die Art von Sex, die aus "Eifersuchtsfreiheit" resultiert, interessiert mich nicht - mehr.