Grenzen überschreiten - ankündigen oder überraschen?
Guten Tag,das Thema zum Sonntag lautet diesmal: "Grenzen überschreiten - ankündigen oder überraschen?".
Mit einem Menschen unterhalte ich mich darüber ob man innerhalb einer (Spiel-)beziehung im Bereich des BDSM die Grenzen vorher ankündigen sollte oder es eher eine Überraschung sein soll.
Nehmen wir das Beispiel Cuttings:
Grundsätzlich wurde (zu Beginn) darüber geredet, ob Cuttings ein hard limit, soft limit oder eine selbstverständliche Spielart sind. Es wurde also ganz allgemein darüber redet, ob diese Spielart im Rahmen beider möglich ist oder nicht. Es wäre also prinzipiell einvernehmlich.
Wenn man (Top) das nun in einer Nachricht oder einem Gespräch ankündigt, dass er bei der nächsten Session Cutting mit ins Spiel bringen will, wäre das die Ankündigung. Jetzt kann man natürlich noch ins Detail gehen und den genauen/ungefähren Ablauf schildern, Details nennen oder Bottom einfach mit dieser Info alleine lassen und ihrer Fantasie freien Lauf lassen.
Genauso könnte Top auch sagen, dass er irgendwann Cuttings miteinbringt, Bottom also im unklaren darüber lässt, wann es geschieht.
Bei der Überraschung wäre nach dem allgemeinen Gespräch über diese Spielart kein Wort mehr darüber gefallen und Top bringt es dann mit ein, wenn er/sie der Meinung ist, dass Bottom bereit ist und diese Grenze überschreiten kann. Das kann nach einem Monat sein, nach einem Jahr oder auch erst nach einer Dekade.
Der Mensch, mit dem ich darüber geredet habe, bevorzugt es, dass Spielarten oder Intensitätssteigerungen, die seine/ihre Grenze überschreiten, nicht angekündigt werden.
Begründung hierfür war:
Weil ich mich dann mental darauf einstelle. Ich mag Überraschungen. Wenn etwas passiert, womit man überhaupt nicht gerechnet hat, ist das nicht nur aufregender, man lernt sich selbst auch besser kennen, man lernt den anderen besser kennen und die Situation und schlussendlich auch die Beziehung zueinander erhält eine spannende Dynamik. Wenn man etwas vorankündigt, gibt man dem anderen zwar Gelegenheit für Kopfkino, aber das Problem kann hier auch sein, dass die Realität mit dem Kopfkino nicht mithalten kann und die Sache dann einfach vom Erlebnis her enttäuschend oder sogar richtig scheiße werden kann.
Grenzen überschreiten soll kicken und zwar mehr als alles andere. Ich finde, man nimmt dem ganzen sehr viel Möglichkeiten für ein absolut intensives Erlebnis und ein "Ineinanderwachsen" beider Partner, wen man da so viel Spanung rausnimmt und das vorher ankündigt.
Vorankündigen fühlt sich für mich einfach mechanisch an. Wie ein Drehbuch, wie eine Instruktion. Im Idealfall sollte es sich so anfühlen, als ob man ins kalte Wasser geschubst wird, selbst wenn Top alles akribisch vorbereitet hat.
Ich glaube, dir geht es um das Festlegen von Grenzen allgemein (da stimme ich zu), und ich rede von ganz bestimmten Praktiken, um Grenzen auszuloten (das will ich nicht vorher diskutieren).
Meine Meinung dazu ist etwas differenzierter.
Generell kann ich beidem etwas abgewinnen. Ich mag den Gedanke daran, wenn ich erwähne, dass ich beim nächsten Mal (oder irgendwann) Cuttings machen will, dass ich Bottom dann diese Fantasie in den Kopf pflanze und sie erstmal keimt. Bottom stellt sich dann zig mögliche Varianten vor, wie es ablaufen kann und macht sich quasi schon selbst total neugierig darauf.
Bei der Ankündigung würde ich es auch so halten, dass weniger Info mehr Kopfkino ist. Wenn Top da direkt protokollartig schildert, wie es abläuft, bleibt weniger Spielraum drüber nachzudenken, als wenn Top sowas schreibt wie: "Nächstes Mal machen wir Cuttings.". Was mMn sowieso besser ist, da immer mal was anders laufen kann, als man es geplant hat. Somit lässt Top sich selbst noch etwas Freiraum zum improvisieren.
Ich habe aber auch kein Problem damit etwaige Fragen von Bottom zu beantworten, wenn ich finde, dass diese Antworten, z.B. bzgl. der Sicherheit oder der Risiken, notwendig sind.
Genauso reizt mich aber auch das überraschen während des Spiels. Ich finde aber, es sollte für Bottom eine größere Überraschung sein als für den Top. Dieser hat im Idealfall schon probiert, geübt, hat sich informiert, ist sich der Gefahren bewusst und hat es vllt schon mal bei jemand anderem im Spiel benutzt.
Ich möchte jetzt von euch wissen, wie ihr es bevorzugt an Grenzen heran zu gehen. Bevorzugt ihr eher das (akribische) vorher drüber sprechen oder lasst ihr/überrascht ihr lieber?
Gerne könnt auch schreiben, falls ich irgendwas vergessen oder irgendeinen Denkfehler habe.
Herzlichst
Akephalos