Elly's Gelöbnis
Hallo AllerseitsElly hat in den letzten Wochen viel erlebt, und ihr Dom G. hatte zur besinnlichen Weihnachtszeit endlich auch die Gelegenheit, etwas davon auch niederzuschreiben. Die beiden ersten Teile von Elly’s Geschichte wurden hier ja angeblich fleissig als Inspirationsquelle genutzt, und das ist natürlich ein dickes Kompliment für den Autor.
Für diejenigen, welche das Zwischenkapitel „Intermedium“ nicht gelesen haben: Es geht dem dritten Teil der Geschichte von Elly voraus und kann, wie alle anderen und zukünftigen Teile auch auf meinem Profil und auf http://www.qwertzstories.worpress.com nachgelesen werden.
Nun aber geht es los, mit dem dritten - durchaus polarisierenden - Teil: „Elly’s Gelöbnis“. Kapitel 2 dann am Sonntag...
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Kapitel 1: Die Bibel
Seit unserem letzten Telefongespräch waren ein paar Tage verstrichen. Eine Unterhaltung, die sich tief in meine Erinnerung eingegraben hatte. Elly war so offen gewesen wie nie, hatte mir gebeichtet, wie sehr sie meine Fantasie von der Entführung in den Wald erregt hatte.
Gebeichtet.
Jede Kapillare in ihrem Körper brenne teuflisch, wenn sie daran denke, wie sie sich mir ergebe, sich hingebe dem Spiel, der Leidenschaft. Wallungen auslösend, beinahe unkontrollierbar.
Teuflisch.
Jedes ihrer Worte erzeugte in meinem Körper ein wohliges Rauschen, beginnend in meinem Kopf. Mein Gehirn war plötzlich wie von einem Feuerring umgeben, dessen heissester Punkt meine Nasenspitze bildete und ein Kräuseln verursache, welches durch den Hals und meinen Brustkorb direkt in meinem Schritt landete und dort seine natürliche Wirkung entfaltete.
Feuerring.
Und nun sei es meine heilige Pflicht, ich, als ihr Herr, ihr die Erleichterung zu ermöglichen, welche sie sich so herbeisehne.
Heilig.
Meine Replik liess keinerlei Interpretationsspielraum offen. Ich erklärte ihr, dass es nicht an ihr sei, Wünsche zu formulieren. Es sei mir sehr wohl bewusst, in welchem Zustand ihr Körper sich befinde, wenn sie Zeilen von mir lese, und es sei meine klare Anweisung, dass sie dies täglich tue. Täglich sich der Fantasie hingeben, welche ich ihr nicht in elektronisch-flüchtiger Form, sondern bewusst in traditioneller Schrift auf physischem Papier übermittelt habe. Papier, welches nicht nur visuell, sondern auch haptisch und olfaktorisch wirke, um den grösstmöglichen Effekt zu erzielen, der ohne meine Anwesenheit zu erzielen war.
Elly versuchte, ihren Ärger über das nicht-gewähren der Erlaubnis zur selbst herbeigeführten Entladung der ständig sich aufbauenden Spannung zu verdecken, doch ihr Temperament drückte ihrer Stimme einen unverkennbaren Stempel auf, als sie sagte „Ich verstehe“. So eindeutig wie meine Ansage war mir auch klar, dass sie es auch beim nächsten Treffen nicht lammfromm sein würde und sich gewiss meinen Anweisungen wieder auf die eine oder andere Weise zu entziehen versuchen - oder, was meinen Groll bestimmt noch weiter anheizen würde – sie in ironischer Weise der Lächerlichkeit preisgeben würde.
Lammfromm?
Sie durfte den Bogen nicht überspannen – aber ich war mir sicher, ich auch nicht. Noch war unsere Beziehung jung, und trotz der Nähe, welche während unseren Treffen nicht hätte grösser sein können, waren Elemente mit in unserem Spiel, welche Raum boten für unvorbereitete, unkalkulierbare Reaktionen. Und die galt es zu verhindern. Und gleichwohl hatte sie – willentlich oder nicht – mir die Brocken, die Inspirationen hingeworfen, aus welcher sich in meinem Kopf ein wunderbares Szenario zu konstruieren begann. Faszination Fantasie. Sie funktioniert bei mir immer.
Schon bald würde sie weitere Post von mir erhalten, Anweisungen enthaltend, hatte ihr zum Abschied versprochen. Und mein Versprechen setzte ich sogleich um. Bald würde ein Kurier beauftragt, zu geeigneter, unbeobachteter Zeit ihr das kleine Paket zu bringen, welches ich für sie nun vorbereitete.
Es enthielt eine Bibel. Die Heilige Schrift. Und meine Anweisung.
„Meine geliebte Elly. Aus diesem Drehbuch hier wird sich der Setzkasten unserer nächsten Session bilden. Du wirst mir aus dem Hohelied Salomons vorlesen, wenn wir uns kommenden Dienstag treffen, in der Kapelle St. Nathanael im Oberdorf – punkt 16.00 Uhr.“ Dein Dom G.“
In der Bibel hatte ich ein Buchzeichen an der Stelle platziert, von wo sie lesen sollte:
„Ich schlief, aber mein Herz war wach. Da ist die Stimme meines Freundes, der anklopft: „Tu mir auf, liebe Freundin, meine Schwester, meine Taube, meine Reine!“ Mein Freund steckt seine Hand durchs Riegelloch, und mein Innerstes wallte ihm entgegen. Da stand ich auf, daß ich meinem Freund auftäte, meine Hände troffen von Myrrhe und meine Finger vor fließender Myrrhe am Griff des Riegels. Aber als ich meinem Freund aufgetan hatte, war er weg und fortgegangen. Meine Seele war außer sich, daß er sich abgewandt hatte. Ich suchte ihn, aber ich fand ihn nicht, ich rief, aber er antwortete mir nicht. Es fanden mich die Wächter, die in der Stadt umhergehen; die schlugen mich wund. Die Wächter auf der Mauer nahmen mir meinen Überwurf.“
Würde ich der verschwundene Freund oder einer der Wächter sein? Elly würde es bald erfahren. Oder vielleicht auch nicht? Das Szenario schmückte sich wie von alleine aus in meiner göttlichen Vorstellung, und es wurde mich warm dabei. Heiss.