Er dev. su. Sie dom. in 30xxx
Die große Wörterfabrik(frei nach dem gleichnamigen Buch von Agnés Lestrade und Valeria Docampo)
Es gibt ein Land, in welchem die Menschen ganz wenig reden. Der Grund für diese Schweigsamkeit ist der, dass Worte, um sie auszusprechen zu können, zunächst einmal gegessen werden müssen. Ja, ihr lest richtig, „GEGESSEN“ werden müssen. Wir alle wissen, dass Worte nicht einfach so da sind. Zunächst einmal müssen wir sie finden, wenn nicht gar ER-finden.
Habt ihr euch jemals die Frage gestellt, woher die Worte kommen, die über eure Lippen streichen? Und wie kommen sie in euch rein? Wir bekommen unsere Worte einfach so geschenkt. Sie kosten uns nichts. Wir lesen sie aus Büchern auf, sammeln sie in Unterhaltungen und von Zeit zu Zeit finden wir auch das Eine oder Andere.
Stellt euch nun einmal vor, jedes Wort, dass gesprochenen oder geschrieben werden soll, muss zunächst gekauft werden. Da gibt es dann sicher teure Worte, wie „Liebe“ und „Regenbogen“, und da gibt es dann sicher auch Sonderpreisworte, wie „Kirsche“, „Staub“ und „Stuhl“.
Die Reichen haben so viele Worte, dass sie gar nicht wissen, wohin damit. Sie können gar nicht alle essen, ansonsten würden sie vermutlich platzen. Sie wertschätzen ihr Worte nicht, und so finden sich in den Mülltonnen dieser reichen Menschen immer mal wieder recht ansehnliche Worte, wie „Wertvoll“, Empathie“ und „Zugewandtheit“. Es gibt Worte, hat man sie einmal gegessen, die kann man anschließend so oft aussprechen, wie man möchte. Sie verlieren sich nicht. Dagegen besondere Worte, können jeweils nur einmal ausgesprochen werden. Reiche Leute kaufen sich das Wort einfach neu, arme Menschen müssen lange sparen, um ein wertvolles und seltenes Wort kaufen zu können.
Arme Menschen reden nicht viel, selbst wenn sie viel zu sagen hätten. Die Reichen dagegen reden oft viel zu viel, schließlich wollen sie nicht selten damit zeigen, wer und was sie sind.
Dieses Menschenskind hier ist nicht reich an kostbaren Worten. Wohl ist es reich an Gedanken, jedoch die passenden Worte, um diese Gedanken vorzutragen, stehen meist nicht zur Verfügung. Die guten Worte kosten einfach zu viel, und man findet sie nicht auf der Straße. Ein ganz besonderes Wort jedoch hütet dieser Mensch, als seinen größten Schatz. Er hat dieses Wort nur ein einziges Mal zur Verfügung. Einmal ausgesprochen, kann es nicht ein weiteres Mal verwendet werden. Insofern prüft er sehr genau, wem er dieses Wort schenken wird.
Und dieses Wort lautet „HERRIN“
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